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TAGESKLADDE #2 ÜBERGANGSBAD

Tagesbehangen starre ich während des Spaziergangs mit Dio in die Landschaft. Es wirkt wie ein Stillleben. Der pastellfarbene Himmel weckt in müden Augen Begeisterung, die am Ufer der Augenringe schweigend geschluckt wird. Der lange Tag, überhaupt die langen Tage hinterlassen Ihre Spuren. Von den kurzen Nächten ganz zu schweigen.

In einem der heutigen Übergangsgespräche ging es um eine sehr beeindruckende Frau. Stark, rüstig, humorvoll. Eine Frau, die wusste wie man feiert und lacht, genauso wie da zu sein, wenn es darauf ankommt und einem Mal ordentlich den Arsch aufzureißen. Heutzutage eine zunehmend seltene Mischung. Leider. Aus wenig hat sie immer das Beste gemacht. Sie ließ ihre berufliche Unzufriedenheit nicht ihr ganz Leben zerfressen, sondern schritt, so gut es ging, verschiedene Wege und unterstützte die ihr Lieben bedingungslos, aufrichtig und voller Liebe. Das verdeutlichte sich nicht nur in vielen, vielen Worten, die sogleich zu Blatte flossen, sondern in dem Glanz, den ihr alles während dieses Gespräches verlieh. Keinen pathetischen Glanz. Keine posthume Überhöhung. Durch all Ihr Lieben strahlte all das, was sie vorlebte, was sie gab, auf was sie Wert legte, wie sie prägte und liebte. Es war quasi wie zum Greifen. Doch daran lag kein Interesse meinerseits. Kein Griff dieser Welt kann so ergreifend sein wie ein Gefühl, dass einen als ganzes Wesen durchdringt. Beseelt und dankbar gleite ich in die Nacht. Noch immer das Gewesene spürend, wie nach einem Tag in der Sonne, die einem noch lange unter der Haut prickelt: leise, warm und da - da kommt mir der Begriff Sonnenbad ein. Dann war das heute wohl ein Gesprächsbad, genau genommen ein Übergangsbad. Das erdet. Das erfrischt. Das inspiriert. Das lädt zu leben ein. Schlicht und ergreifend. Na dann: auf, auf.

 

T.H.